Chemo-Brain: Wie 5-Fluorouracil das Gehirn schädigt
Dienstag, 22. April 2008
New York – Im Gegensatz zu bisherigen Meinungen schädigt 5-Fluorouracil, eine der am häufigsten in der Chemotherapie eingesetzten Zytostatika, das Gehirn. Tierexperimentelle Studien im Journal of Biology (2008, 7: 12) belegen langfristige Schäden der Myelinscheiden. Sie könnten die Grundlage des sogenannten Chemo-Brains sein.
Zwischen 15 und 70 Prozent aller Patienten klagen während einer Chemotherapie über Konzentrationsstörungen, Lernstörungen und eine allgemeine Verlangsamung des Denkens. Diese kognitiven Beschwerden halten häufig nach dem Ende der Therapie an. Die großen Unterschiede in der Prävalenz zeigen, dass diese als Chemo-Brain bezeichneten Störungen schwer fassbar sind, zumal viele Patienten während und nach der Therapie noch unter dem emotionalen Schock der Krebsdiagnose stehen.
Gegen die Existenz eines Chemo-Brain sprach auch, dass Schäden auf das Gehirn in tierexperimentellen Studien nur schwer reproduziert werden konnten. Dies könnte sich nach der Publikation einer, wie die Editorialistin Christina Meyers vom M.D. Anderson Krebsforschungszentrum in Houston meint, grundlegenden Studie ändern.
Die Gruppe um Mark Noble von der Rochester Universität in New York hat die Wirkung von 5-Fluorouracil zunächst an neuronalen Stammzellen und Oligodendrozyten untersucht. Die Forscher konnten bei beiden Zelllinien eine schädigende Wirkung nachweisen. Danach wurden Mäuse mit 5-Fluorouracil in Dosierungen behandelt, wie sie in der Therapie von Kolorektalkarzinom und Mammakarzinom eingesetzt werden. Bereits nach einer einmaligen Gabe kam es zu einem Untergang von Hirnzellen in Regionen, die für kognitive Leistungen verantwortlich sind.
Die Studie belegt auch eine Störung der Myelinreparatur durch die Oligodendrozyten. Dies könnte erklären, warum sich bei einigen Patienten die Beschwerden nach dem Ende der Chemotherapie noch verschlechtern. Häufig kommt es zu Seh- oder Hörstörungen und in besonders schlimmen Fällen zur Demenz. Die Studie wird nach Ansicht der Editorialistin Meyers dazu führen, dass die Onkologen dem Phänomen Chemo-Brain in Zukunft mehr Beachtung schenken werden. © rme/aerzteblatt.de