Studie: Ärzte bevorzugen Privatpatienten
01.04.08 - Eine Kölner Studie über längere Wartezeiten von Kassenpatienten hat die Debatte über eine Bevorzugung von Privatpatienten angeheizt. Diese kommen laut der Untersuchung bei einigen Ärzten drei Mal schneller an die Reihe. Die KBV wies die Vorwürfe empört zurück.
Bis GKV-Patienten einen Termin zur Magenspiegelung bekommen,
dauert es laut der Studie im Schnitt 36,7 Tage - bei Privatpatienten nur 11,9.
Der SPD-Politiker Karl Lauterbach, an dessen Uni-Institut die Studie entstanden ist, warnte vor medizinischen Risiken durch Wartezeiten. Ärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) wiesen dies zurück. Die Bundesärztekammer räumte allerdings ein, dass viele Ärzte gegen Ende eines Quartals versuchten, nicht akut nötige Behandlungen aus Abrechnungsgründen auf das nächste Quartal zu verlegen.
Für die Studie hatten die Mitarbeiter des Kölner Uni-Instituts für Gesundheitsökonomie bei 189 Praxen im Raum Köln-Bonn-Leverkusen angerufen. Besonders gravierend seien Unterschiede bei Magenspiegelungen, sagte der kommissarische Institutsleiter Markus Lüngen. So hätten Kassenpatienten im Schnitt 36,7 Tage auf eine Spiegelung warten müssen, Privatpatienten nur 11,9 Tage.
Verzögerungen sind mitunter kein Kavaliersdelikt
"Beschwerden, die eine Magenspiegelung notwendig machen, können auf Blutungen oder eine Krebserkrankung zurückgehen", sagte Lauterbach dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Es handelt sich also um Untersuchungen, bei denen Verzögerungen keine Kavaliersdelikte sind." Lauterbach ist als Direktor des Instituts wegen seines Bundestagsmandats beurlaubt. Im Sender N24 warnte der Politiker vor einer Zwei-Klassen-Medizin, weil viele Spezialisten bald gar keine Kassenpatienten mehr nähmen.
Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer, sagte dagegen: "Zu den Wartezeiten für gesetzlich Versicherte kommt es, weil oftmals die vorgegebenen Budgets vor Ende des Quartals ausgeschöpft sind." Viele Ärzte behandelten Patienten in den letzten Tagen und Wochen des Quartals kostenlos oder versuchten, nicht akut notwendige Behandlungen zu verlegen.
Kassen bemühen sich um frühere Termine
Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hatte bereits vor einiger Zeit die Einstellung der Behandlung von Kassenpatienten gegen Ende einer Abrechnungsperiode als widerrechtlich kritisiert. Das Gesundheitsministerium berichtete, einige Kassen bemühten sich im Fall von Verzögerungen bereits selbst telefonisch um baldige Termine für ihre Versicherten. Aus Ministeriumssicht wird der geplante Gesundheitsfonds die Anreize für die Kassen für solch kundenfreundliche Angebote steigern.
Der KBV-Vorsitzende Andreas Köhler wies die Kritik Lauterbachs in vollem Umfang zurück: "Die Kollegen vergeben Termine unter medizinischem Gesichtspunkt, unabhängig davon, ob der Patient privat oder gesetzlich krankenversichert ist." Köhler betonte, Ärzte seien nicht verpflichtet, jeden Patienten so schnell wie möglich dranzunehmen. Viele Ärzte bräuchten außerdem Zusatzeinnahmen aus der privaten Krankenversicherung.
dpa / chy