Autor Thema: Prostatakrebs! Auf welche Daten stützt "Mann" sich? Leitlinien?  (Gelesen 6336 mal)

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Josef

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Neue S3-Prostatakarzinom-Leitlinie online

Sie wird von Medizinern, Patientenvertretern und Fachmedien gleichermaßen interessiert
erwartet:

Die neue interdisziplinäre S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom. Seit 07.07.2009 ist die Konsultationsfassung
auf den Internetseiten des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin (ÄZQ) einzusehen.

Bis zum 02. August 2009 haben Interessierte dort die Möglichkeit, die Leitlinie zu lesen und zu kommentieren.

Stellungnahmen und Änderungsvorschläge werden berücksichtigt, sofern sie begründet und mit Literatur hinterlegt sind.



http://www.aezq.de/aezq/publikationen/azq-projekte

  ÄZQ-Projekte

S3-Leitlinie-Prostatakarzinom – Interdisziplinäre S3-Leitlinie-Prostatakarzinom ab 7. Juli in der Konsultationsfassung online

Die Konsultationsfassung der S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom wird ab 7. Juli 2009 auf den Seiten des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin (ÄZQ) und der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) online zugänglich sein.

Die Konsultationsphase dauert bis zum 02. August 2009. In dieser Zeit können Interessierte die Leitlinie lesen und kommentieren. Kommentare und Änderungsvorschläge werden berücksichtigt, wenn sie begründet und mit Literatur hinterlegt sind.

Nach Würdigung der Kommentare und ggf. Einarbeiten von Änderungen wird die Endfassung der "Interdisiplinären Leitlinie der Qualität S3 zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms" am 16. September 2009 zum Jahreskongress der deutschen Gesellschaft für Urologie vorgestellt werden.

Die Leitlinie enthält Statements und Empfehlungen zu den Bereichen Prävention, Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Begleitung nicht nur des lokal begrenzten, und des lokal fortgeschrittenen, sondern auch des rezidivierten und des metastasierten Prostatakarzinoms sowie zu den Bereichen Rehabilitation, Nachsorge und zu psychosozialen Aspekten.

Die Neuerstellung einer S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom, die als Kooperationsprojekt zwischen der DGU und dem ÄZQ 2006 begann, wird nach erfolgreichem Abschluss der ärztlichen Leitlinie durch die Erstellung einer PatientenLeitlinie fortgeführt.

Mehr InformationKonsultationsfassung der S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom | 3 MB

Mehr InformationKontaktformular zur Kommentierung oder Email an info@azq.de

Mehr InformationDeutsche Gesellschaft für Urologie (DGU)
Alles, was wir uns in der Vergangenheit schwer erkämpfen mussten,
hinterlässt gewisse Spuren auf unserer „zerbrechlichen“ Seele,
doch sollten wir deshalb die Hoffnung auf eine bessere Zukunft nicht verlieren.
Carola-Elke

Geri

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Prostatakrebs! Auf welche Daten stützt "Mann" sich? Leitlinien?
« Antwort #1 am: 21. Juli 2011, 15:12 »

Urologie
Prostatakarzinom – Hormone und molekulare Grundlagen

Die Entwicklung eines Prostatakarzinoms (PCa) wird wesentlich durch Androgene beeinflusst. In der Prostata wird das Testosteron zu dem biologisch fünffach aktiveren Dihydrotestosteron (DHT) reduziert, welches an seinen zytoplasmatischen Androgenrezeptor (AR) bindet. Die Aktivierung des AR ist ein komplexer Prozess.

Im Zellkern bindet der AR-Komplex an das Androgene Responsive Element (ARE) an der DNA, dessen Translationsprodukte für Wachstum und Proliferation neuer Prostatazellen benötigt werden. Der AR fungiert somit als Transkriptionsfaktor. In der normalen Prostatazelle reguliert der AR das Gleichgewicht zwischen Proliferation und Apoptose, in PCa-Zellen hingegen ist dieses Gleichgewicht gestört, was unkontrolliertes Wachstum, ausgelöst durch hormonelle Stimulation, bewirkt. Sowohl gesunde Prostatazellen als auch PCa-Zellen sind auf einen funktionierenden AR angewiesen. Bei der Androgendeprivationstherapie wird die Aktivierung des AR verhindert, indem der Testosteronspiegel im Serum um 90–95% reduziert wird, was zur Folge hat, dass weniger Liganden zur Verfügung stehen. Der AR ist aber auch in Androgen-unabhängigen PCa-Zellen vorhanden, wo er für die Aufrechterhaltung der vitalen Zellfunktionen benötigt wird.

Mittels Antiandrogenen ist es möglich, den AR zu blockieren. Dabei kann der AR mit einer Mutation reagieren, sodass ursprüngliche Antagonisten zu Agonisten werden. Dies ist die molekularbiologische Grundlage etwa des „Antiandrogene Withdrawal Phenomenon“. Der „Backdoor Pathway“ beschreibt die Herstellung des Testosterons durch die Karzinomzelle selbst aus dem noch im Körper vorhandenen Progesteron. Dazu sind Enzyme wie etwa das CYP17 nötig. Diese Enzyme lassen sich mit Substanzen wie TAK 700 oder Abirateron, die sich beide noch in klinischer Testung befinden, blockieren. Auch Östrogene spielen bei der Entwicklung des Prostatakarzinoms eine Rolle. So ist bekannt, dass der Tes­tosteronspiegel im Laufe des Lebens abfällt, während der Ös­trogenspiegel ansteigt. Die Aromatase ist das Enzym, das die Umwandlung von Testosteron zu Östrogen bewirkt. Aromatase-Knockout-(ArKo-)Mäuse haben hohe Tes­tos­teronspiegel, jedoch kein Östrogen und entwickeln keine Malignität. Aromatase-Overexpressing-(AROM+-)Mäuse hingegen besitzen einen hohen Östrogen-, jedoch einen niedrigen Testosteronspiegel und entwickeln prämaligne Läsionen. Beim PCa wird der α-Östrogenrezeptor sowohl im Stroma als auch im Epithel überexprimiert. Unter Testosteroneinfluss kommt es zur hochgradigen Veränderung des Stromas. Die Steuerung der vielen durch DHT aktivierten Wachstumsfaktoren erfolgt im Stroma, wobei die Wirkung auf die Epithelzellen stimulierend wie auch hemmend sein kann. In Zukunft könnte trotz der Heterogenität des PCa bereits bei der Diagnosestellung ein Hinweis auf das Vorliegen eines speziellen PCa-Subtyps erbracht werden, was die Einleitung einer zielgerichteten Therapie ermöglichen könnte.

Epigenetik und Tumorentstehung

Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Epigenetik. Darunter versteht man vererbbare Veränderungen in der Genexpression, die nicht mit Veränderungen in der DNA einhergehen. Alle Körperzellen des Menschen haben dasselbe Erbgut. Unterschiedliche Zelltypen benötigen jedoch nur spezifische DNA-Abschnitte, um die Funktion der Zelle aufrechtzuerhalten, während andere Abschnitte ruhen. Der epigenetische Apparat regelt, welches Gen aktiviert wird. Histone sind Eiweißstränge, um die die DNA „aufgewickelt“ ist. Sie können eine Azetylierung bzw. Methylierung von Genen mithilfe von Enzymen bewirken und schalten diese damit ein oder aus. Das für die Methylierung wichtige Enzym ist die DNA-Methyltransferase, die ei­ne wesentliche Funktion bei der Krebsentstehung innehat. So werden bestimmte DNA-Abschnitte durch Anhängen einer Methylgruppe an die DNA-Base Cytosin biochemisch verändert. Betroffen sind nicht alle Cytosine, sondern hauptsächlich Cytosin-Guanin-Dinukleotide (CpG), die gehäuft in sogenannten CpG-Inseln auftreten können. Diese CpG-Inseln findet man in den Promotoren (regulatorische Bereiche) der Gene. Wenn durch das „Anhängen“ von Methylgruppen das betreffende Gen abgeschaltet wird, können die entsprechenden Proteine nicht mehr produziert werden. Bei einer Demethylierung werden die Gene wieder eingeschaltet. Krebs ist auch eine Erkrankung des Genoms, wobei im Krebsgewebe neben Defekten in der primären DNA-Sequenz sich aber praktisch immer auch Störungen in der epigenetischen Programmierung finden. Das Ausmaß der Methylierung kann bestimmt werden und könnte in Zukunft sowohl diagnostische als auch therapeutische Bedeutung erlangen, wenn Medikamente entwickelt werden, die dies beeinflussen.

Autor: Univ.-Prof. DDr. Christian Kratzik, Univ.-Klinik für Urologie, Wien, E-Mail: christian.kratzik@meduniwien.ac.at


http://haematologie-onkologie.universimed.com/artikel/prostatakarzinom-%E2%80%93-hormone-und-molekulare-grundlagen


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Prostatakrebs! Auf welche Daten stützt "Mann" sich? Leitlinien?
« Antwort #2 am: 17. September 2012, 20:47 »

Stadien und Prognose des Prostatakarzinoms ..::..
Vor allem aus der Tumorausbreitung ergibt sich das für die
Behandlungsplanung und Prognose wichtige Tumorstadium. Die individuelle
Prognose hängt von vielen Faktoren ab und kann mit Nomogrammen
abgeschätzt werden. Diesen ausführlichen, nach der neuesten Leitlinie
überarbeiteten Artikel finden Sie hier:
http://www.prostata.de/pca_stadien_prognose.html


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Eine Zusammenfassung ist verständlicher und erleichtert die Wahl der richtigen Behandlung und das Abschätzen der Prognose:

    Lokal begrenztes Prostatakarzinom: T1-2 N0 M0
    Lokal fortgeschrittene Prostatakarzinom: T3-4 N0 M0
    Metastasiertes (fortgeschrittenes) Prostatakarzinom: T1-4 und N1 und/oder M1

Eine andere Einteilung nach der Tumorausbreitung ist im TNM-System enthalten (nach UICC, 7. Aufl. 2009):

    Stadium I: T1-2a N0 M0
    Stadium II: T2b-c N0 M0
    Stadium III: T3 N0 M0
    Stadium IV: T4 N0 M0 oder T1-4 N1 M0 oder T1-4 N0-1 M1

In weiteren Stadieneinteilungen werden neben der Tumorausbreitung auch andere Befunde mit einbezogen wie der PSA-Wert und der Malignitätsgrad des Tumors (seine Bösartigkeit, s. Klassifikation). Dies hat vor allem zum Ziel, die Prognose besser abschätzen zu können (s.u.).

Unbehandelt schreitet die Krankheit meist langsam fort. Die folgende Tabelle zeigt Durchschnittswerte für das Risiko von Metastasen (Tochtergeschwülsten) und für die Mortalität (Sterblichkeit) von unbehandelten Patienten in Abhängigkeit von der klinischen Tumorausbreitung nach den TNM-System (nach R. Hautmann, H. Huland: Urologie. Springer, Heidelberg 2006, S.233):
TNM-Stadium         Metastasen
vorhanden bei         Mortalität (ohne Behandlung)
T1a         0%         2% in 5-10 Jahren
T1b         25%         20% in 5-10 Jahren
T2a         15%         20% in 5-10 Jahren
T2c         35%         70% in 5-10 Jahren
T3         50%         75% in 5-10 Jahren
N1-3, M1         100%         über 50% in 3 Jahren

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Für eine eher günstige Prognose bei richtiger Behandlung sprechen (Erläuterungen s. Klassifikation):

    Tumor-Typ: Adenokarzinom
    Gleason-Score bis 7a (= 3+4)
    Helpap-Grading bis GIIa
    Niedrig- oder mäßiggradiges Prostatakarzinom (low grade oder intermediate grade)
    Geringe Zahl positiver (befallener) Stanzzylinder (kleiner Tumor)
    Niedriger Anteil des Tumors am gesamten Biopsiematerial (kleiner Tumor)
    Einseitiger Befall der Prostata
    Großer Abstand des Tumors zur Prostatakapsel
    Kein Einwachsen des Tumors in Nervenscheiden (keine perineurale Infiltration)
    Kein Einwachsen des Tumors in die Samenblasen

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Tumorausbreitung nach dem TNM-System mit dem PSA-Wert und dem Gleason-Score kombiniert, lassen sich Gruppen mit ähnlicher Prognose bilden (nach UICC, 7. Aufl. 2009; PSA-Wert oder Gleason-Score dürfen fehlen, sind beide nicht vorhanden, ist eine Gruppierung nicht möglich):
Gruppe         T         N         M         PSA (ng/ml)         Gleason-Score
I         T1a–c         N0         M0         <10         Bis 6
          T2a         N0         M0         <10         Bis 6
IIA         T1a–c         N0         M0         <20         7
          T1a–c         N0         M0         Ab 10 <20         Bis 6
          T2a         N0         M0         Ab 10 <20         Bis 6
          T2a         N0         M0         <20         7
          T2b         N0         M0         <20         Bis 7
IIB         T2c         N0         M0         Jeder Wert         Jeder Wert
          T1-2         N0         M0         Ab 20         Jeder Wert
          T1-2         N0         M0         Jeder Wert         Ab 8
III         T3a-b         N0         M0         Jeder Wert         Jeder Wert
IV         T4         N0         M0         Jeder Wert         Jeder Wert
          T1-4         N1         M0         Jeder Wert         Jeder Wert
          T1-4         N0-1         M1         Jeder Wert         Jeder Wert

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Partin-Tabellen: Sie dienen dazu, das pathologische TNM-Stadium vorherzusagen (pT und pN). In Abhängigkeit vom PSA-Wert und Gleason-Score zeigen die Tabellen von 2011 für die klinischen Stadien T1c, T2a, T2b und T2c jeweils die Wahrscheinlichkeiten für einen lokal begrenzten Tumor (pT2), eine Kapselüberschreitung (pT3a), einen Samenblasenbefall (pT3b) und Lymphknotenmetastasen (pN1).

Kattan-Nomogramme: Mit ihrer Hilfe lässt sich das Ausbleiben einer Progression (eines Fortschreitens) der Krankheit prognostizieren, abhängig von zum Beispiel PSA-Wert, Gleason-Score und klinischem TNM-Stadium. Es gibt Nomogramme für die Wahrscheinlichkeit einer Progressionsfreiheit nach radikaler Prostatektomie (nach 5 und 10 Jahren sowie nach 7 Jahren, wenn schon operiert wurde), LDR-Brachytherapie (nach 5 Jahren, s. Strahlentherapie) und perkutaner Bestrahlung (nach 5 Jahren, s. Strahlentherapie).

Weitere Nomogramme: Die Wahrscheinlichkeit für einen lokal begrenzten Tumor kann man mit dem Nomogramm von Steuber voraussagen, die für einen Lymphknotenbefall mit dem Nomogramm von Briganti.

Ausblick: Spezielle Computerprogramme (ANN, artifizielle = künstliche neuronale Netze) können wesentlich mehr Befunde gleichzeitig berücksichtigen als Nomogramme. Sie versprechen damit in Zukunft eine noch genauere Risikoabschätzung. Zudem lassen sich in dem bei der Prostatabiopsie entnommenen Gewebe zahlreiche Veränderungen (z.B. in Form von Biomarkern) bestimmen, die über das klassische Typing und Grading (s. Klassifikation) hinausgehen und die Prognose künftig vielleicht erleichtern können.

http://www.prostata.de/pca_stadien_prognose.html