Testosteron up & down. Die richtigen Spiegel für Ihre PatientenDie medikamentöse Beeinflussung des Testosteronspiegels war Thema eines Symposiums, das unter Vorsitz von Pierre Teillac anlässlich der Jahrestagung der EAU in Berlin abgehalten wurde. Zur Suppression des Testosterons bei Patienten mit Prostata-Karzinom eignen sich LHRH-Agonisten wie das Triptorelin (Pamorelin®). Pierre Mongiat-Artus und Juan Morote zeigten, dass die effektive Testosteronsuppression mit LHRH-Agonisten die Überlebenswahrscheinlichkeiten dieser Patienten signifikant verbessert. Von einer Testosteron-Substitutionstherapie profitieren dagegen Patienten mit Hormonmangel. André Guay und Vincenzo Mirone gaben einen Überblick über neueste Empfehlungen zur Substitutionsbehandlung. Das Symposium wurde unterstützt vom Unternehmen Ipsen Pharma GmbH.
„Testosteron down“Es ist seit langem bekannt, dass das Wachstum hormonsensitiver Prostata-Karzinome durch Suppression der Androgene gedrosselt werden kann [1]. Eine zuverlässige Androgensuppression wird durch die bilaterale Orchidektomie erreicht. Die Reversibilität ist einer der Vorteile der medikamentösen Androgensuppression durch LHRH-Agonisten, wie dem Triptorelin (Pamorelin®). Diese führen nach einem anfänglichen, vorübergehenden Anstieg der LH- und FSH-Spiegel mittelfristig durch die Downregulation der LHRH-Rezeptoren zur verminderten hypophysären Gonadotropinfreisetzung und damit zur Unterdrückung der Steroidbiosynthese im Hoden.
Effektivität der Therapie mit LHRH-AgonistenEs gilt als erwiesen, dass Testosteronspiegel mit LHRH-Agonisten genauso effektiv erniedrigt werden können wie mit der chirurgischen Kastration [2].
Prof. Mongiat-Artus zeigte Daten von 132 Prostata-Karzinom Patienten, die mit Triptorelin behandelt wurden. 98% der Patienten hatten nach 3-monatiger Behandlung Testosteronspiegel <50 ng/dl (17,6 ± 8,8 ng/dl). Nach 9-monatiger Therapie waren die Testosteronspiegel bei über 96% der Patienten anhaltend erniedrigt. Durch Triptorelin konnten die Testosteronspiegel damit erfolgreich und langfristig supprimiert werden.
Die Überlebensraten der medikamentös behandelten Männer unterschieden sich nicht von vergleichbaren Patienten mit chirurgischer Kastration. Triptorelin ist zur Androgensuppression bei Prostata-Karzinom genauso wirksam wie die bilaterale Orchidektomie.
Indikation zur Hormontherapie bei Prostata-KarzinomDie früh einsetzende Hormontherapie verbessert sowohl nach Prostatektomie [3], als auch nach Bestrahlung [4] die Überlebensraten von Patienten mit fortgeschrittenem Prostata-Karzinom signifikant. Es ist daher allgemeiner Konsens, die Hormontherapie nicht nur zur Palliativtherapie, sondern auch zur adjuvanten Behandlung des Prostata-Karzinoms frühzeitig einzusetzen.
Nebenwirkungen der Therapie mit LHRH-AgonistenDurch Ausweitung der Indikation zur frühzeitigen medikamentösen Androgensuppression werden immer mehr Männer über mehrere Jahre mit LHRH-Agonisten behandelt. Mit zunehmender Behandlungsdauer tritt die Frage nach Nebenwirkungen mehr in den Vordergrund. Typische Nebenwirkungen der Therapie mit LHRH-Agonisten sind Hitzewallungen, Potenzstörungen, Libidoverlust, Gewichtszunahme und Gynäkomastie. Die Behandlung mit LHRH-Agonisten kann zudem zu osteoporotischen Knochenveränderungen führen. Um diese Nebenwirkungen zu minimieren sollten die Testosteronspiegel nur soweit erniedrigt werden, wie es zur Verhinderung des Tumorwachstums unbedingt erforderlich ist.
Therapeutische Testosteronspiegel unter LHRH-AgonistenZwei in Folge gemessene Testosteronspiegel < 50 ng/dl gelten als Nachweis einer erfolgreichen Androgensuppression. Die Mehrzahl der Patienten unter LHRH-Agonisten hat aber, wie auch nach Orchidektomie (Median 15 ng/dl, 95% CI 12-17 ng/dl) deutlich niedrigere Testosteronspiegel.
Wie niedrig muss der Testosteronspiegel sein, um bestmögliche Überlebensraten zu garantieren und wie hoch darf er sein, um Nebenwirkungen zu minimieren?
Prof. Morote und Mitarbeiter untersuchten den Bezug zwischen Testosteronspiegeln und rezidivfreiem Überleben bei 73 Patienten mit nicht-metastasiertem Prostata-Karzinom. 44% der Patienten hatten unter Triptorelin zu jedem der drei Untersuchungszeitpunkte Testosteronwerte < 20 ng/dl. 18 der 73 Patienten hatten zu mindestens einem Untersuchungszeitpunkt einen Testosteronspiegel > 50 ng/dl. Diese erhöhten Testosteronspiegel gingen nachweislich mit einer verringerten Überlebenswahrscheinlichkeit einher. Der höchste Testosteronwert für den kein Nachteil hinsichtlich der Überlebensraten errechnet werden konnte war 32 ng/dl. Hatte ein Patient, auch nur vorübergehend, Testosteronspiegel > 32ng/dl, reduzierte sich die kumulative rezidivfreie Überlebenswahrscheinlichkeit signifikant von 137 auf 88 Monate.
Für niedrigere maximale Testosteronwerte zeigte sich kein Vorteil hinsichtlich der Rezidivhäufigkeit. 32 ng/dl sollte daher nach den vorliegenden Daten als Obergrenze für das Serum-Testosteron bei der chemischen Kastration bei Prostata-Karzinom angesehen werden.
Vorgehen bei erhöhten Testosteronspiegeln unter LHRH-AgonistenBei der abschließenden Diskussion warnten die Experten davor, bei sporadischen Testosteronwerten > 50 ng/dl die Therapie abzubrechen oder voreilig auf andere Medikamente zu wechseln. Unerwartet hohe Testosteronwerte seien häufig auf Fehler bei der Injektion zurückzuführen.
Was ist zu tun, wenn bei einem Patienten unter Therapie mit LHRH-Agonisten wiederholt Testosteronwerte > 50 ng/dl gemessen werden?
Prof. Morote zeigte Hinweise, dass diese Patienten von einer zusätzlichen Therapie mit einem Antiandrogen profitieren könnten.
„Testosteron up“Prävalenz und Bedeutung des Testosteronmangels Männer über 40 Jahre haben häufig niedrige Testosteronspiegel [5]. Ein Testosteronmangel geht mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität einher [6], was dadurch begründet sein kann, dass z. B. Diabetes mellitus Typ II, kardiovaskuläre Erkrankungen oder das Metabolische Syndrom mit verminderten Testosteronspiegeln assoziiert sind [7]. Auch Männer, die im Rahmen dieser Erkrankung erniedrigte Testosteronspiegel aufweisen, profitieren von einer Testosteronsubstitution.
Normalbereich Serum-TestosteronEin Testosteronspiegel < 8 ng/dl gilt als erniedrigt, > 12 ng/dl als normal. Zwischen 8 und 12 ng/dl besteht eine Grauzone [8]. Bei Werten < 8ng/dl und klinischer Symptomatik sollte Testosteron substituiert werden. Bei Testosteronspiegeln zwischen 8-12 ng/dl sollte die Entscheidung zur Substitution von klinischen Symptomen abhängig gemacht werden. Im Zweifelsfall riet Prof. Guay eine Behandlung auszuprobieren. Die Substitution sollte über mindestens 3 Monate durchgeführt werden, da früher kein Rückgang der Symptome zu erwarten sei. Eine Testosterongabe bei Werten > 12 ng/dl hält Prof. Guay unabhängig von Symptomen nicht für gerechtfertigt.
TherapiesicherheitVor Beginn einer Substitutionstherapie sind Kontraindikationen z. B. durch Bestimmung des PSA und der Leberwerte auszuschließen. Prof. Guay betonte die Notwendigkeit regelmäßiger medizinischer Kontrollen (rektale Untersuchung, PSA) unter der Testosteronsubstitution, denn nur so ließe sich die Sicherheit der Therapie gewährleisten [9,10].
Testosteronsubstitution bei Zustand nach Prostata-KarzinomIn der Diskussion am Ende der Sitzung wurde gefragt, wann Patienten nach abgeschlossener Behandlung eines Prostata-Karzinoms mit Testosteron substituiert werden dürfen. Es wurde der Fall eines Mannes konstruiert, bei dem vor mehreren Jahren ein Prostata-Karzinom erfolgreich operativ behandelt wurde. Dieser Mann stellt sich jetzt mit einem symptomatischen Testosteronmangel vor. Darf er mit Testosteron substituiert werden? Das Auditorium reagierte zurückhaltend. 31% der Anwesenden gaben bei einer Abstimmung an, diesen Patienten in keinem Fall mit Testosteron zu substituieren. Die Experten dagegen waren sich einig, dass nicht der zeitliche Abstand zur Prostatektomie, sondern die Vollständigkeit des operativen Eingriffs die Entscheidung zur Testosteronsubstitution begünstigt. Bei vollständiger Tumorresektion im Gesunden sahen die Teilnehmer der Podiumsdiskussion bereits 1 Jahr nach Beendigung der Therapie kein Grund auf eine Hormonsubstitution zu verzichten.
Quellen
[1] Huggins C. Cancer Res. 1941; 1:203
[2] Pamar H. Lancet. 1985;8466:1201.
[3] Messing E. N Engl J Med. 199; 341:1781
[4] Bolla M. Lancet. 2002; 360:103
[5] Morote J et al. Submitted to J Urol 2007
[6] Mulligan et al. Int J Clin Pract. 2006;60:762-9
[7] Shores et al. Arch Int Med. 2006;166:1660-5
[8] Nieschlag E et al.. Eur Urol. 2005;48:1-4
[9] AACE Hypogonadism Task Force. Endocrine Pract. 2002;8:439-56
[10] Rhoden EL and Morgentaler A. N Engl J Med. 2004;350:482-92
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