http://kurier.at/nachrichten/gesundheit/2066570.phpLebensmittel-Intoleranz: Rebellion im Bauch
Jeder Dritte hat Probleme mit der Verträglichkeit von Nahrungsmitteln. Man muss sich aber nicht damit abfinden.
Letztes Update am 20.01.2011, 14:59
Was darf man noch guten Gewissens essen?
Die Verunsicherung ist groß: Der Konsument fragt immer öfter nach Herkunft und Zusammensetzung seiner Lebensmittel.
Neben ethischen Motiven geht es um die Frage: Welche Lebensmittel vertrage ich?
Immer öfter finden sich auf den Verpackungen Begriffe wie laktose-, fruktose- oder glutenfrei. Wie eine aktuelle Umfrage von Oekonsult zeigt, hat jeder dritte Österreicher Probleme mit der Verträglichkeit von Nahrungsmitteln. Eine Erfindung der Lebensmittelindustrie? Einbildung von zimperlichen Essern?
"Die Zahl der Nahrungsmittelallergien ist ziemlich konstant. Bei den Unverträglichkeiten hat sich erst in den vergangenen Jahren ein Bewusstsein dafür gebildet", erklärt Internist Univ.-Prof. Michael Wolzt von der Uni-Klinik Wien. "Früher war es so, dass die Leute Lebensmittel, die sie nicht vertrugen, gemieden haben. Jetzt gehen sie dem Problem nach."
Am häufigsten gibt es Intoleranzen auf Laktose (Milchzucker), Fruktose (Fruchtzucker) und Histamin, gefolgt von Zöliakie (Glutenunverträglichkeit). Laktose-Intoleranz ist inzwischen sogar von der WHO als Krankheit anerkannt. Sie entwickelt sich meist mit zunehmendem Alter, da die Produktion des Verdauungsenzyms Laktase durch den Alterungsprozess verlangsamt wird. Häufig gibt es eine familiäre Häufung. "Aber auch eine Infektion kann die Darmschleimhaut so schädigen, dass die Laktase-Produktion reduziert wird", erklärt Biochemiker Albert Missbichler. Die Intoleranz kann dann mit dem Abheilen der Infektion zurückgehen, aber sie kann auch bleiben.
Ernährungsprotokoll
Die Ursachenfindung für unangenehme Verdauungsbeschwerden ist jedenfalls ein langwieriger Prozess. Neben dem Ausschluss anderer Auslöser, wie etwa einer Allergie, muss ein strenges Ernährungsprotokoll geführt werden. "Bei Nahrungsmittel-Intoleranzen sind Allergietests auf der Haut und Blutuntersuchungen wenig zielführend. Daher ist die Aufarbeitung von Reaktionen auf Nahrungsmittel häufig Detektivarbeit", weiß Wolzt, der Betroffenen rät, Spezialisten in einer Schwerpunktambulanz aufzusuchen. Bei der Diagnose von Laktose-Intoleranz gibt es inzwischen einen Toleranz-Test.
"Eine unbehandelte und folglich vermiedene Intoleranz kann langfristig zu Mangelerscheinungen führen", warnt Missbichler etwa vor Osteoporose. In Fernost, Südafrika und Südamerika, wo 80 bis 100 Prozent der Erwachsenen Milchzucker nicht verdauen können, würden wichtige Nährstoffe über andere Ernährungsschwerpunkte aufgenommen.
Mithilfe von Nahrungsergänzungsmitteln könne man in unserer Region die Verdauung gut unterstützen und Beschwerden mindern. Übrigens, als laktosefrei gelten Produkte bereits mit weniger als 0,1g Laktose pro 100g Lebensmittel. Im Extremfall wird auch dieser geringe Laktosegehalt nicht vertragen. Vorbeugend könne man laut Wolzt jedenfalls nichts tun. Es gebe zwar Studien, die Intoleranzen auf die Dauer der Stillzeit oder auf die Menge des Milchkonsums zurückführen. Diese haben aber bisher keine eindeutigen Ergebnisse gebracht.
Was den Unterschied ausmacht
Allergie: "Die Unterscheidung ist für den Laien oft schwierig, aber essenziell", sagt Internist Univ.-Prof. Michael Wolzt. Bei einer Allergie reagiert das Immunsystem mit der Bildung von Abwehrzellen. Die Reaktion auf den Stoff tritt innerhalb weniger Minuten nach dem Kontakt auf. In der Regel muss der Betroffene komplett auf eine Reihe von Lebensmitteln verzichten.
Unverträglichkeit: Hierbei müssen die Stoffe erst verdaut werden, bevor eine Reaktion eintritt. Dabei kann der Körper bestimmte Stoffe aufgrund eines Enzymmangels nicht oder nur schlecht verdauen. Der Zeitfaktor macht auch die Zuordnung sehr schwierig. Geringe Mengen des Stoffes werden meist gut vertragen, eine Zufuhr von
Enzymen hilft der Verdauung.
Letztes Update am 20.01.2011, 14:59
Artikel vom 20.01.2011 14:00 |