Vorsorgende Brustamputation: Der radikale Schritt bei Brustkrebs-Angst
Vorsorgende Brustamputation Meldung
http://www.test.de/Vorsorgende-Brustamputation-Der-radikale-Schritt-bei-Brustkrebs-Angst-4542291-0/?mc=news.2013.05-17-1402Die Schauspielerin Angelina Jolie hat sich vorsorglich beide Brüste amputieren lassen. Sie fürchtet, sonst aufgrund eines Gendefekts an Brustkrebs zu erkranken. Damit ging Jolie in der New York Times an die Öffentlichkeit. Das Thema wirft bei vielen Frauen Fragen auf. test.de gibt Antworten und erklärt, welche Gene für familiär bedingten Brustkrebs verantwortlich sind, was bei einer Brustamputation geschieht und wie Frauen dem eigenen Risiko auf die Spur kommen.
Wie hoch ist das Risiko für familiären Brustkrebs?
Jedes Jahr erkranken in Deutschland mehr als 70 000 Frauen an Brustkrebs. Das sogenannte Mammakarzinom ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Brustkrebs tritt wesentlich früher auf als die meisten anderen Krebsarten. Laut Robert-Koch-Institut erkrankt die Hälfte der betroffenen Frauen vor dem 65. Lebensjahr, jede zehnte ist bei Diagnosestellung jünger als 45 Jahre. Allerdings nur etwa 5 bis 10 Prozent aller bösartigen Brustkrebserkrankungen sind – wie im Falle von Angelina Jolie – familiär bedingt. Für die Hälfte dieser erblichen Erkrankungsfälle sind Mutationen zweier Gene verantwortlich: BRCA1 und BRCA2. BRCA steht für breast-cancer, das englische Wort für Brustkrebs. Mediziner gehen davon aus, dass acht von zehn Frauen mit genetischer Veranlagung im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs erkranken. Auch das Risiko für Eierstockkrebs gilt bei solch einer Genmutation als erhöht. Ein Gentest kann klären, ob eine Frau betroffen ist.
Für wen kann ein Gentest sinnvoll sein?
Bei bestimmten Familienkonstellationen kommt eine genetische Untersuchung in Betracht. Ein familiäres Risiko besteht, wenn in einer Linie der Familie
mindestens 3 Frauen an Brustkrebs erkrankt sind
mindestens 2 Frauen an Brustkrebs erkrankt sind, davon eine vor dem 51. Lebensjahr
mindestens 1 Frau an Brustkrebs und 1 Frau an Eierstockkrebs erkrankt sind
mindestens 2 Frauen an Eierstockkrebs erkrankt sind
mindestens 1 Frau an Brust- und zugleich Eierstockkrebs erkrankt ist
mindestens 1 Frau mit 35 Jahren oder junger an Brustkrebs erkrankt ist
mindestens 1 Frau mit 50 Jahren oder jünger an beidseitigem Brustkrebs erkrankt ist
mindestens 1 Mann an Brustkrebs und eine Frau an Brust- oder Eierstockkrebs erkrankt sind.
So funktioniert die genetische Analyse
Die genetische Analyse wird anhand einer Blutprobe durchgeführt. Dazu wird – wenn möglich – zunächst das Blut eines bereits erkrankten Familienmitglieds untersucht. Wird eine genetische Veränderung in einem der beiden BRCA-Gene gefunden, kann auch bei den Angehörigen nach dieser Mutation gesucht werden. Eine solche genetische Analyse bei gesunden Verwandten wird nur nach umfassenden Beratungsgesprächen gemacht. In Deutschland gibt es 15 interdisziplinäre Zentren, bei denen sich Frauen beraten und testen lassen können. Molekulargenetische Untersuchungen sind sehr aufwendig und dauern mehrere Monate.
Was können Hochrisiko-Patientinnen tun?
Für Frauen mit hohem Krebsrisiko ist eine intensive und eng getaktete Früherkennung essenziell wichtig. Nach dem Leitlinienprogramm Onkologie umfassen diese Maßnahmen ärztliche Tast- und Ultraschalluntersuchungen alle sechs Monate, ab dem Alter von 25 Jahren. Empfohlen ab 25 Jahren werden außerdem eine jährliche Kernspintomografie der Brust sowie ab 30 Jahren einmal pro Jahr eine Mammografie. Diese präventiven Maßnahmen werden an den Zentren durchgeführt, die auf die Behandlung von familiärem Brustkrebs spezialisiert sind, und können das Risiko für Brustkrebs erheblich senken.
Eine Operation birgt auch Risiken
Eine deutlich radikalere Art der Prävention sind die vorbeugenden Operationen. Laut dem AOK Bundesverband werden in Deutschland weniger als zwei Prozent der Brustentfernungen (Mastektomie) vorsorglich gemacht. Angelina Jolie hat sich für diesen Eingriff unter Vollnarkose entschieden. Auch eine solche Brustamputation bietet keinen hundertprozentigen Schutz vor Brustkrebs. Nach der OP soll das Risiko der Hochrisiko-Patientinnen noch bei 5 Prozent liegen. Hinzu kommt, dass es bei jeder Operation unter Vollnarkose zu Komplikationen wie Blutungen, Infektionen, Herz- und Kreislauf-Störungen kommen kann.
Wie funktionieren Amputation und Aufbau der Brüste?
Bei der vorsorglichen Brustamputation entfernen Spezialisten den Drüsenkörper der Brustdrüse, in dem Brustkrebs entstehen könnte. Die Brustwarze und die Haut über dem Drüsenkörper können erhalten bleiben. Das Restrisiko für Brustkrebs hängt offenbar davon ab, wie gut das Brustdrüsengewebe weggenommen wurde. Bei einigen Patientinnen bauen die Ärzte die Brust noch in derselben Operation wieder auf, bei anderen geschieht das in einer Folge-OP. Es hängt von der jeweiligen Patientin ab, welcher Weg sinnvoller ist. Auch die Auswahl des Aufbau-Materials ist individuell.
Silikonimplantate. Solche Implantate lassen sich vergleichsweise einfach einsetzen und die aufgebaute Brust recht natürlich aussehen. Dabei wird – ähnlich wie bei einer Schönheitsoperation – ein Silikonkissen über oder unter die Brustmuskeln gesetzt. Mögliche Risiken: Der Körper reagiert auf das fremde Material und kapselt es in eine Bindegewebshülle ein, was unter anderem Schmerzen verursachen kann.
Körpereigenes Gewebe. Die Brüste lassen sich auch mit körpereigenem Gewebe der Patientin aus Rücken, Bauch oder Beinen rekonstruieren. Der Körper muss sich nicht mit Fremdgewebe auseinandersetzen. Der Nachteil: Der Eingriff gilt als chirurgisch kompliziert.
Prothesen. Prothesen eignen sich für Frauen, die weitere chirurgische Eingriffe ablehnen. Die Prothesen kommen normalerweise direkt nach der OP in den BH. Sie bestehen überwiegend aus Silikon, sind hautfarben und rutschfest. Es gibt sowohl Modelle, die in Büstenhalter und Bikini eingenäht sind als auch herausnehmbare. Die Krankenkassen zahlen die Prothesen sowie Zuschüsse für spezielle Wäsche. Der Nachteil: Der kosmetische Effekt ist nur mit Bekleidung vorhanden.
Diese Kosten tragen die Krankenkassen (IN DEUTSCHLAND! ÖSTERREICH ?)
Die Krankenkassen übernehmen nach Auskunft des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für die Genanalyse per Bluttest dann, wenn bestimmte Voraussetzungen wie eine familiäre Vorbelastung bestehen. Wenn die Genanalyse einer Frau bestätigt, dass sie zur Hochrisikogruppe zählt und sie sich nach intensiver Beratung sowie Untersuchung durch Spezialisten zu einer vorsorglichen Brustamputation entscheidet, tragen die Krankenkassen normalerweise auch diese Kosten. Es handelt sich dabei aber um Einzelfallentscheidungen. Das betrifft auch die finanzielle Übernahme für den anschließenden Brustaufbau. Einige Krankenkassen bestehen vorab auf ein medizinisches Gutachten, etwa von einem zertifizierten Brustkrebszentrum, und einen Kostenvoranschlag.
Sollten Risikopatientinnen sich auch die Eierstöcke entfernen lassen?
Einige Frauen, die ein genetisch erhöhtes Brustrisiko haben, lassen sich nach Abschluss ihrer Familienplanung unter Vollnarkose auch die Eierstöcke entfernen. Das verringert das Risiko für Eierstockkrebs um 95 Prozent. Weil die Eierstöcke danach keine Hormone mehr produzieren, sinkt als Folge auch das Risiko für Brustkrebs um 50 Prozent. Nach einer Entfernung der Eierstöcke sind jüngere Frauen aber unfruchtbar, sie kommen schlagartig in die Wechseljahre. Das kann negative Folgen für den Hormonhaushalt haben.
Diese Angebote zur Früherkennung gibt es in Deutschland
Zum gesetzlichen Früherkennungsprogramm in Deutschland gehört für Frauen ab dem Alter von 30 Jahren die jährliche Untersuchung durch einen Frauenarzt. Der Arzt tastet dabei Brust und Achselhöhlen auf Veränderungen ab. Bei dieser Untersuchung soll der Arzt außerdem zur Selbstuntersuchung der Brust anleiten. Frauen zwischen 50 und 69 Jahren erhalten außerdem alle zwei Jahre eine schriftliche Einladung zur Mammografie. Die Teilnahme am gesetzlichen Früherkennungsprogramm ist freiwillig. Ultraschalluntersuchungen von Eierstöcken bei gesunden Frauen zählen nicht zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen, weil Eierstockkrebs durch diese Methode weder zuverlässig entdeckt noch sicher ausgeschlossen werden kann. Frauen könnten durch Fehlalarm beunruhigt werden. Die Kosten für den Ultraschall der Eierstöcke werden übernommen, wenn Frauen über Unterleibsbeschwerden klagen oder bei auffälligem Tastbefund im Rahmen der Krebsfrüherkennungsuntersuchung.
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UKF schrieb am 17.05.2013 um 22:35 Uhr:
http://www.test.de/Vorsorgende-Brustamputation-Der-radikale-Schritt-bei-Brustkrebs-Angst-4542291-0/?mc=news.2013.05-17-1402