Autor Thema: Schmerzen allgemein, und bei Tumorpatienten  (Gelesen 5877 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

admin

  • Administrator
  • Super - User
  • *****
  • Beiträge: 6.092
  • Geschlecht: Männlich
Schmerzen allgemein, und bei Tumorpatienten
« am: 08. September 2007, 01:16 »

Wie entstehen chronische Schmerzen?

Schmerz entsteht durch eine Gewebeschädigung in Folge einer Erkrankung oder auch einer Therapiemaßnahme. Eine weitere Möglichkeit, dass Schmerz entsteht ist, dass der Tumor auf einen Nerven oder anderen den Schmerz weiterleitende Strukturen drückt.

Der Schmerz wird als Signal von feinen Nervenfasern vom Ort der Entstehung im Gewebe zum Rückenmark geleitet. Dort erfolgt die Umschaltung der Schmerzerregung auf Nervenfasern, die zum Gehirn ziehen. An diesen Umschaltstellen gibt es hemmende Nervenverknüpfungen, die die Schmerzweiterleitung vermindern können.

Als chronische Schmerzen bezeichnen wir einen Schmerz, der länger als 6 Wochen anhält. Er kann unterschiedliche Intensität und Qualität haben. Es können freie oder beschwerdearme Intervalle auftreten.

Die Ursachen eines chronischen Schmerzes können sein: eine anhaltende oder immer wieder erneute Schädigung des Nerven, eine Fehlverschaltung von Nervenfasern nach einer Nervenschädigung, so dass trotz Wegfallens des eigentlichen Grundes weiterhin ein Schmerzsignal entsteht. Außerdem gibt es Veränderung an den Nervenverbindungen (Synapsen), die zu einer Änderung der Verarbeitung des Schmerzes im Rückenmark und/oder Gehirn führen. Darüber hinaus kommt es in besonderen Fällen zu einer Unterdrückung der die Schmerzleitung hemmenden Mechanismen, so dass die Schmerzwahrnehmung heftiger wird.


Wie werden chronische Schmerzen empfunden?

Vom Rückenmark ziehen die Nervenfasern ins Gehirn. Dort erfolgt die Verarbeitung, dann die Wahrnehmung des Schmerzes. Die Schmerzwahrnehmung und Bewertung hängt stark von der Empfindsamkeit bestimmter Zentren im Gehirn ab. Sie ist wesentlich mitbestimmt durch die individuelle und wechselnde Grundstimmung.

Schmerzen sind somit eine ganz subjektive Wahrnehmung. Sie können bestenfalls mittelbar mitgeteilt werden. Umso aufmerksamer muss der Therapeut und Arzt dem Patienten zuhören, um sich aus den Schilderungen ein Bild zu machen und ein Konzept zur Therapie zu entwickeln.


Welche Bedeutung haben chronische Schmerzen?

Chronische Schmerzen gerade bei einem Patienten mit einer Tumorerkrankung führen zur ständigen Konfrontation mit der Diagnose. Sie führen zur Angst, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Viele Patienten ziehen sich immer mehr in sich selbst zurück, vereinsamen, entwickeln die Symptome einer Depression.

Chronische Schmerzen wirken aber auch auf das vegetative Nervensystem, sie belasten den Körper, führen zu Schlaflosigkeit und physischer wie psychischer Erschöpfung.


Welche Diagnostik ist bei chronische n Schmerzen erforderlich?

Die Feststellung der Schmerzursache ist die wichtigste Voraussetzung für eine gute Schmerztherapie. Jeder Schmerz muss ernst genommen werden, dies gilt für den Arzt, aber auch für den Patienten selbst.

Vor aller weiterführenden Diagnostik ist zunächst die Selbstbeobachtung des Patienten besonders wichtig. Eventuell empfiehlt es sich, ein Schmerztagebuch zu führen. Hier kommt es auf die Informationen an, wann welche Schmerzen auftreten und ob es Zusammenhänge mit äußeren Einflüssen gibt.

Bei der Diagnose kommen neben der körperlichen Untersuchung weitere Methoden zum Einsatz. Welche Verfahren sinnvoll sind muss der Arzt ggf. unter Hinzuziehung weiterer Spezialisten entscheiden.

Bei chronischen Schmerzen sollten Veränderungen des Schmerzes (Art, Stärke, Dauer, Ort) zu einer Überprüfung der Diagnose Anlass geben.

Bei chronischen Schmerzen bei Patienten mit einer Tumorerkrankung muss immer berücksichtigt werden, dass neben der Tumorerkrankung auch andere Ursachen Schmerzen bedingen können. Dies zu differenzieren, ist nicht nur für die Therapie, sondern auch für den Patienten wichtig, da ein chronischer Schmerz, der auf der Tumorerkrankung beruht, für den Patienten eine ganz andere Bedeutung hat als ein chronischer Schmerz, der zum Beispiel bei begleitenden degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule auftritt.


Warum sollten chronische Schmerzen früh therapiert werden?

Länger anhaltende Schmerzen führen zu Veränderung der Verschaltung von Nerven, hemmen die schmerzunterdrückenden Nervenzellen und machen Gehirnzentren empfindlicher für die Schmerzwahrnehmung. Um dies zu verhindern, ist es sinnvoll, bei chronische n Schmerzen oder Schmerzen, die chronisch werden können, frühzeitig mit einer konsequenten Schmerztherapie zu beginnen. Auch die psychischen Veränderungen, die durch chronische Schmerzen entstehen, sind ungünstig, sie üben einen negativen Einfluss auf die Lebensqualität aus und führen in einen Kreis gegenseitiger Verstärkung, den zu durchbrechen immer schwerer wird.

Leider können viele Patienten und auch Ärzte sich hierzu nicht entscheiden, wodurch wertvolle Zeit im Frühstadium verschenkt wird.


Die eigentliche Schmerztherapie bei chronischen Schmerzen

Die beste Therapie ist die Beseitigung der Ursache. Leider ist dies nicht immer möglich. Dann stehen uns aber andere Möglichkeiten zur Verfügung:

    * Medikamente, Begleitmedikamente, Nervenblockaden, Bestrahlungen
    * psychologische Ansätze: Entspannungsverfahren, soziale und psychologische Kontakte
    * unterstützende Anwendungen (Kälte, Wärme, Massagen, Gymnastik, Lagerungshilfen, Bandagen, Lymphdrainagen, Elektrostimulation, TENS, Akupunktur)


Wir unterscheiden bei den Schmerzmitteln:

    * örtliche Betäubungsmittel (z. B. beim Zahnarzt, aber auch in sehr speziellen Zubereitungen für die direkte Therapie am Rückenmark),
    * sogenannte Nicht-Opiate oder nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR; z. B. Aspirin = ASS, Rheumamittel wie Voltaren, Diclofenac, Ibuprofen, Paracetamol….),
    * Opiate.


Chronische Schmerzen: Weitere Therapieansätze

In ausgewählten Fällen ist eine Ausschaltung eines Nerven oder Nervengeflechts durch einen kleinen operativen Eingriff und z. B. die Injektion von hochprozentigem Alkohol hilfreich.

Nicht Opiate

wirken antientzündlich und abschwellend. Sie hemmen die Schmerzweiterleitung in der Nervenfaser und werden in der Regel gut vertragen, können jedoch die Schutzmechanismen der Magenschleimhaut (Geschwür, Blutung) und bei langem Gebrauch die Nieren schädigen. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten können gefährlich sein (deshalb sollte der Arzt immer über die Einnahme dieser Medikamente informiert werden). Die regelmäßige Einnahme sollte nur nach Absprache mit dem Arzt erfolgen.

Opiate werden in schwach und stark wirksame eingeteilt. Stark wirksame Opiate unterliegen in Deutschland besonderen gesetzlichen Bestimmungen bei der Verschreibung. Dies führt leider zum Teil zu einer unnötigen Zurückhaltung der Patienten und Ärzte.

Opiate wirken im Gehirn („zentral“). Sie binden dort an Rezeptoren und ahmen die Wirkung der körpereigenen Endorphine („Glückshormone“) nach und beeinflussen die Schmerzwahrnehmung. Dadurch ergänzen sie sich sehr gut mit den NSAR, die „peripher“ wirken.

Zur Schmerztherapie können bei chronischen Schmerzen periphere und zentrale Schmerzmittel kombiniert werden.

Durch die endorphinartige und schmerzstillende Wirkung können Opiate die Lebensqualität des Patienten mit einer chronischen Erkrankung deutlich verbessern.

Anders als bei Drogenabhängigen entwickeln sich bei Schmerzpatienten, der die Therapie in enger Abstimmung mit seinem Arzt durchführt, in der Regel keine Probleme mit Suchtsymptomen wie Dosissteigerung und psychische Abhängigkeit.

Lässt der Schmerz nach, so sind auch eine Dosisreduktion oder ein langsames Ausschleichen möglich. Plötzlich sollten Opiate jedoch nicht abgesetzt werden.



Opiate haben etwas unterschiedliche Wirkspektren und Nebenwirkungen, so dass die Auswahl individuell erfolgen muss.

Wirkung und Nebenwirkung der Opiate

Opiate können folgende Nebenwirkungen haben:

Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Übelkeit, Schwäche, Verstopfung.

Die meisten Nebenwirkungen verschwinden nach Einnahme von einigen Tagen. Eine unterstützende Begleitmedikation z. B. gegen Übelkeit oder Verstopfung kann hilfreich sein und wird vielfach direkt mit verordnet. Die Nebenwirkungen sind von Präparat zu Präparat und von Patient zu Patient sehr unterschiedlich, so dass die Medikation individuell ausprobiert werden muss.

Zu Beginn der Therapie sollte das Medikament zunächst niedrig dosiert und dann langsam gesteigert werden. Ist eine schnelle Einstellung bei starken chronische n Schmerzen erforderlich, so kann dies durch intravenöse Gabe eines Opiates unter genauer Beobachtung des Patienten stationär erfolgen.



Chronische Schmerzen: Welche Grundregeln sollten beachtet werden

Wichtig ist es, den Schmerz erst gar nicht auftreten zu lassen. Wer denkt, er könne Schmerzmittel sparen und täte seinem Körper etwas Gutes, wenn er „es möglichst lange aushält“ irrt. Chronische Schmerzen sind negativ für die körpereigenen Kräfte und können das Immunsystem über eine ständige Stressbelastung negativ beeinflussen.

Wichtig ist eine regelmäßige Medikamenteneinnahme nach einem festen Plan. Von den meisten Medikamenten gibt es Formen, die besonders lange im Körper wirken, sogenannte retardierte Präparate. Für akute Schmerzphasen sind diese jedoch nicht geeignet. Deshalb sollte jeder Patient zusätzlich ein rasch wirksames Schmerzmittel haben, das zu den Dauermedikamenten passt und das er selber dosieren kann. Jeder Patient muss seine eigenen Erfahrungen sammeln, sein eigener Experte werden. So kann in besonderen Situationen die prophylaktische Einnahme eines schnell wirksamen Mittels sinnvoll sein, z. B. wenn man weiß, dass durch eine geplante Aktivität (z. B. körperliche Belastung) der Schmerz mit Sicherheit verstärkt wird bzw. neu auftritt.



Chronische Schmerzen: Welche Möglichkeiten gibt es, Schmerzmittel einzunehmen?

Es gibt Tabletten, Dragees, Brausetabletten, Zäpfchen, Tropfen, Pulver, Pflaster, Injektionsmittel.

Die Zubereitungsform hat kaum etwas mit der Wirksamkeit zu tun. Wichtig ist, welcher Weg für den Patienten der praktischste ist und ihm am meisten Unabhängigkeit gibt.

Eine Sonderform ist die Medikamentenzufuhr über programmierbare kleine Pumpen, hierbei liegt eine dünne Nadel entweder direkt unter der Haut oder in ausgewählten Fällen auch in der Nähe des Rückenmarks. Eine spezielle Therapieform ist die Injektion von Lokalanästhetika in den Bereich schmerzhafter Nerven(endigungen), die in einigen Fällen auch zu lang anhaltender Besserung – über die Wirkungsdauer des Medikamentes hinaus – führen kann.



Chronische Schmerzen: Wie kann die Schmerztherapie unterstützt werden?

Begleitmedikamente unterstützen die Schmerzmittelwirkung. Sie können die Schmerzwahrnehmung beeinflussen. Hierfür geeignet sind Psychopharmaka, Antiepileptika, muskelentspannende Medikamente, krampflösende Medikamente. Mit der Zielrichtung Schmerzbeeinflussung werden Psychopharmaka z. B. in niedriger Dosierung eingesetzt ohne die Psyche wesentlich zu beeinflussen. Bei einer solchen Verordnung sollte der Arzt den Patienten aber entsprechend aufklären, um Missverständnissen vorzubeugen.

Mit diesen Kombinationen können zum Teil die Dosierungen der eigentlichen Schmerzmittel reduziert werden.

www.1-tumor.de/chronische-schmerzen/

admin

  • Administrator
  • Super - User
  • *****
  • Beiträge: 6.092
  • Geschlecht: Männlich
Schmerzempfindungen - am Beispiel von RLS-Betroffenen
« Antwort #1 am: 08. September 2007, 01:26 »
Die verschiedenen Schmerzempfindungen

04.06.07.

RLS- (Restless Legs Syndrom; siehe Anmerkung unten) Betroffene empfinden und schildern Ihre Missempfindungen auf die unterschiedlichste Art. Manchen Betroffenen fehlen auch die Worte um ihre Missempfindungen zu beschreiben. Nach meinen vielen Voträgen habe ich mir vorgemerkt, wie unterschiedlich und vielfältig die Betroffenen ihre Schmerzempfindungen fühlen, die sie mir im Zusammenhang mit dem RLS geschildert haben.

W. Moldaschl

   1. Würmer unter der Haut
   2. krampfartiges Zusammenziehen wie in einem Schraubstock
   3. ein inneres Gefühl, dass sich alles zusammenzieht
   4. ziehende Miss-Empfindungen, die wie Strom fließen und sich über die Knie bis zum Magen ausbreiten und Übelkeit verursachen
   5. brennende, ziehende Missempfindungen mit einer Art Spannung zu vergleichen, die sich mit der Bewegung der Beine entlädt
   6. Spannung, wie bei einer Maus, die raus möchte und eine Loch sucht
   7. würde am liebsten tanzen
   8. empfinde, als ob die Haut zu eng ist
   9. brennen und jucken
  10. tief am Waden-Außen-Knochen entlang ein schmerzendes Gefühl
  11. Ameisenlaufen
  12. ein unangenehmes Kribbeln
  13. fühlt sich kalt an, ist es aber nicht
  14. wie abgestorben, vor allem in den Fersen
  15. einem Muskelkrampf ähnelnd und schmerzend
  16. meine Wehen-Schmerzen haben wenigstens aufgehört, das RLS ist ständig da
  17. während der Waden-Schmerzen Angstzustände, die ich brennend im Kopf spüre
  18. die innere Unruhe lässt mich oft halb wahnsinnig werden
  19. als würde mich jemand ständig mit Nadeln bearbeiten, an Ober- und Unterschenkeln
  20. wenn die Beine zu schmerzen beginnen, glaube ich noch verrückt zu werden und möchte am liebsten gegen eine Mauer laufen um einen anderen Schmerz zu empfinden
  21. ständig Drang nach Bewegung
  22. Tage vor dem Voll- oder Neumond besonders schmerzhaft
  23. Wärme verursacht mehr Beschwerden, besonders im Bett
  24. langes Sitzen beim Autofahren, Theater- od. Kinobesuch, Flugzeug, kaum erträglich
  25. beim dehnen sehr oft Muskelkrämpfe
  26. wie von Dämonen besessen, der mir meine Beine zerstört
  27. komme mir vor, als ginge ich auf glühenden Kohlen
  28. möchte aus meinem Körper hinaus, halte diese Pein nicht mehr aus
  29. schlage aus Verzweiflung mit Kopf und Händen an die Wand
  30. meine Beine fühlen sich wie schmerzende Klumpen an
  31. die Beine stehen wie unter Stromspannung, ich versuche, diese Spannung zu erhöhen, damit ich nicht aufstehen muss, das hält aber nicht lange an, erst bei Bewegung vergeht es wieder

Quelle: www.restless-legs.at


Anmerkung:
Das Restless Legs Syndrom (RLS)...Was ist das?
.. das "Syndrom der unruhigen Beine" ist eine alte, aber leider bis heute oft unerkannte neurologische Krankheit. Man unterscheidet, die primäre oder idiopathische Form die spontan und oft familiär auftritt und die sekundäre oder symptomatische Form, als Begleiterscheinung von organischen oder neurologischen Erkrankungen.